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WARUM MIR FREILASSEND INTERVENIEREN SO EINLEUCHTET

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Ein Beitrag zur Verständigung zwischen Systemiker:innen und Gruppendynamiker:innen

WARUM MIR FREILASSEND INTERVENIEREN SO EINLEUCHTET
Das Ziel systemischer Beratung ist es, das Klientensystem anzuregen, eigene „Lösungen“ zu finden. Dazu streben Beratende gern die professionelle Haltung der Allparteilichkeit oder Neutralität an. Neutralität bedeutet nicht, keine eigene Meinung, Ideen, Affekte zu haben, sondern lediglich, im Beratungsprozess den Klient:innen alle Türen offen und sich selbst bedeckt zu halten. Erst an der Wirkung lese ich ab, ob mir das geglückt ist. Neutral war ich, wenn die Klient:innen nach der Sitzung nicht genau sagen können, wessen Partei ich mehr vertreten habe, wie ich das Problem bewerte und welche Erklärungen, Ideen, etc. ich wie einschätze. Neutral war ich demnach, wenn sie nach dem Gespräch nicht wissen, wie ich zu dem stehe, das sie am meisten umtreibt. Das würde ich Menschen, die mir wichtig sind, nicht durchgehen lassen. Warum meinem Coach?

„Neutralität“ soll verhindern, dass Klient:innen durch mich manipuliert werden. Dass ich diesen Einfluss überhaupt haben kann, liegt an der Autoritätsbeziehung in Beratungssettings. Autorität ist kein Kunstfehler. Ich brauche als Berater die fachlich-menschliche Anerkennung meiner Kundschaft. Klient:innen sollten offen sein dafür, sich beeinflussen zu lassen, ich bin es auch. Jemandem beim Reflektieren zu helfen, ist u. U. eine machtvolle Intervention. Eine Rückmeldung zu beobachtetem Verhalten in der Beratung zu geben ebenfalls. Diese Kraft kommt aus der Beziehung.

In der Beziehung liegt m. E. auch der beste Schutz vor Manipulationsrisiken. Nutze ich meine Autorität dafür, freilassend zu intervenieren (das Wort leihe ich mir von @Gitta Peyn), hat mein Coachee durchgehend die Wahl. Am sichersten gelingt das, wenn ich meine Coachees selbst in den Umkreis ihrer Stärke stelle. Dann sind wir gleichauf. Ich gebe meinen Coachees Autorität und sie mir. Wir beide tragen Verantwortung. Und beide können wir einander etwas geben, uns berühren lassen. Und uns wieder trennen. „Technisch“ geforderte Neutralität würde hier die Qualität der Begegnung nur schwächen. Ich will persönlich fassbar sein für meine Coachees. Das setzt freilich voraus, dass ich andere freilassend behandeln kann u n d z. B. Klartext mit ihnen reden. Und mich von ihnen korrigieren lassen.

Wer sich selbst immer neutral verhält, nimmt sich tendenziell aus dem Spiel. Das schützt vielleicht die Klient:innen davor, beeinflusst zu werden. Aber es schützt auch die Beratenden davor, sich persönlich zur Verfügung stellen zu müssen. Coachee lässt die Hosen runter. Coach nicht.

Zweckmäßiger als „Neutralität“ scheint mir die Orientierung an „freilassendem Intervenieren“ zu sein. Neutral ist daran nichts, ich will ja was. Auf diese Weise freilassend zu intervenieren, ist im Gegenteil eine politische Entscheidung, sie sagt den Kampf an gegen alles Autoritäre.

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