DER LANGE SCHATTEN DES PATRIARCHATS
26/08/24 18:45
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Der feministische Normenwandel ist nicht aufzuhalten. Und: es gibt noch viel zu tun, bis wir in einer diskriminierungsfreieren, gerechteren Arbeitswelt und Gesellschaft angekommen sind.
Wenn wir heute gruppendynamisch mit Führungskräften arbeiten, sind entschieden patriarchal eingestellte Personen schon in der Minderzahl. Was mir gleichwohl laufend begegnet, sind stereotype Verhaltensweisen in Gruppen, die selbst diskriminierungssensiblen Menschen unterlaufen.
Ein dreitägiger Workshop für Führungskräfte in der Industrie. Die 16 Teilnehmenden bilden zwei Gruppen. Jede Gruppe bekommt eine Teamaufgabe und begrenzt Zeit, um sie zu bearbeiten. Wenn die zwei Teilgruppen die Arbeit aufnehmen, filmen wir die erste Session, um sie gruppendynamisch zu analysieren. In „meiner“ Gruppe hatten zwei Frauen vom Start weg das Ruder in der Hand und führten ihr Team informell. Später stellte sich heraus, dass sie zu zweit im Auto angereist waren und so einen Vorsprung an Vertrautheit hatten. Die Gruppe bestand aus 4 männlich und 4 weiblich gelesenen Menschen. Die Männer waren zu Beginn klar subordiniert und konnten sich gegen das Frauenbündnis nicht durchsetzen. Als die zwei Frauen eine Einzelarbeit instruierten, wendete sich das Blatt. Alle schrieben ihre Ideen still auf Kärtchen. Dann präsentierten sie ihre Karten und hängten sie an eine Pinwand. Es begannen die Männer, in epischer Breite stellten sie ihre Ideen vor. Als die ersten Frauen dran waren, sah man sie ihre Karten sortieren. Einzelne Kärtchen steckten sie weg mit den Worten, das sei ja so ähnlich wie vom Vorredner… Alle versicherten, sich kurz fassen zu wollen, weil die Zeit schon knapp sei. Sie nahmen sich auch deutlich weniger Raum als die männlichen Kollegen. Ich hab die Redezeiten gestoppt: M:F = 2:1.
Während die Männer mit Dominanz versuchten, Boden im mikropolitischen Spiel der Gruppe gutzumachen, und an individueller Sichtbarkeit gewannen, waren die Frauen dem großen Ganzen verpflichtet. Zwei von ihnen steuerten, solange es dran war und alle nahmen sich zurück, als es für die Gruppe zeitlich eng wurde.
Selbst in sozial kompetenten Gruppen schimmern die patriarchalen Strukturen und Stereotypien immer wieder durch. Deshalb ist es so wichtig, die eigene Wahrnehmungsfähigkeit dafür laufend zu stärken.
Eine fantastische Gelegenheit dazu bietet am 07.02.2025 der Fachtag „Der lange Schatten des Patriarchats“ zur Organisationsdynamik in Beratungsprozessen, zu dem die DGGO und die DGSv gemeinsam einladen. Den Fachtag haben Manuela Wittig, Caroline J.M. Hein und ich vorbereitet. Die einführenden Impulse geben uns Adriana Burgstaller und Robert Franken. Es wird viele Workshops zum praxisnahen Austausch geben.
👉 Am besten gleich anmelden:
https://lnkd.in/dPRVMU6G
👉 DGGO-Mitglieder und externe Personen melden sich gerne via E-Mail an: veranstaltungen@dgsv.de
Der feministische Normenwandel ist nicht aufzuhalten. Und: es gibt noch viel zu tun, bis wir in einer diskriminierungsfreieren, gerechteren Arbeitswelt und Gesellschaft angekommen sind.
Wenn wir heute gruppendynamisch mit Führungskräften arbeiten, sind entschieden patriarchal eingestellte Personen schon in der Minderzahl. Was mir gleichwohl laufend begegnet, sind stereotype Verhaltensweisen in Gruppen, die selbst diskriminierungssensiblen Menschen unterlaufen.
Ein dreitägiger Workshop für Führungskräfte in der Industrie. Die 16 Teilnehmenden bilden zwei Gruppen. Jede Gruppe bekommt eine Teamaufgabe und begrenzt Zeit, um sie zu bearbeiten. Wenn die zwei Teilgruppen die Arbeit aufnehmen, filmen wir die erste Session, um sie gruppendynamisch zu analysieren. In „meiner“ Gruppe hatten zwei Frauen vom Start weg das Ruder in der Hand und führten ihr Team informell. Später stellte sich heraus, dass sie zu zweit im Auto angereist waren und so einen Vorsprung an Vertrautheit hatten. Die Gruppe bestand aus 4 männlich und 4 weiblich gelesenen Menschen. Die Männer waren zu Beginn klar subordiniert und konnten sich gegen das Frauenbündnis nicht durchsetzen. Als die zwei Frauen eine Einzelarbeit instruierten, wendete sich das Blatt. Alle schrieben ihre Ideen still auf Kärtchen. Dann präsentierten sie ihre Karten und hängten sie an eine Pinwand. Es begannen die Männer, in epischer Breite stellten sie ihre Ideen vor. Als die ersten Frauen dran waren, sah man sie ihre Karten sortieren. Einzelne Kärtchen steckten sie weg mit den Worten, das sei ja so ähnlich wie vom Vorredner… Alle versicherten, sich kurz fassen zu wollen, weil die Zeit schon knapp sei. Sie nahmen sich auch deutlich weniger Raum als die männlichen Kollegen. Ich hab die Redezeiten gestoppt: M:F = 2:1.
Während die Männer mit Dominanz versuchten, Boden im mikropolitischen Spiel der Gruppe gutzumachen, und an individueller Sichtbarkeit gewannen, waren die Frauen dem großen Ganzen verpflichtet. Zwei von ihnen steuerten, solange es dran war und alle nahmen sich zurück, als es für die Gruppe zeitlich eng wurde.
Selbst in sozial kompetenten Gruppen schimmern die patriarchalen Strukturen und Stereotypien immer wieder durch. Deshalb ist es so wichtig, die eigene Wahrnehmungsfähigkeit dafür laufend zu stärken.
Eine fantastische Gelegenheit dazu bietet am 07.02.2025 der Fachtag „Der lange Schatten des Patriarchats“ zur Organisationsdynamik in Beratungsprozessen, zu dem die DGGO und die DGSv gemeinsam einladen. Den Fachtag haben Manuela Wittig, Caroline J.M. Hein und ich vorbereitet. Die einführenden Impulse geben uns Adriana Burgstaller und Robert Franken. Es wird viele Workshops zum praxisnahen Austausch geben.
👉 Am besten gleich anmelden:
https://lnkd.in/dPRVMU6G
👉 DGGO-Mitglieder und externe Personen melden sich gerne via E-Mail an: veranstaltungen@dgsv.de
1. WIR ARBEITEN NIE ALLEIN
04/01/24 12:30
Beitrag auf LinkedIn
Einige Lehren aus der Praxis gruppendynamischer Organisationsberatung.
1. WIR ARBEITEN NIE ALLEIN
Organisationsdynamik nimmt dich mit. Der Kontakt mit der Organisationsdynamik ist deine diagnostische Chance als Berater*in und eine Verführung zur Unwirksamkeit, wenn dich das System „frisst“. Es ist nicht möglich, eine Organisation oder auch nur ihre Leitung zu beraten, ohne sich in die Kommunikationsformen (deren Logik lernt man empfehlenswerter Weise bei Gitta Peyn) und Beziehungsdynamiken der Organisationsteile wenigstens ansatzweise zu verstricken, mit denen man zu tun kriegt. In der Regel beginnt das schon in der Anbahnung und der Kontraktphase. Sobald das System zu ahnen beginnt, dass eine Veränderung geplant ist, bist du als beratender Mensch emotional und kommunikativ hoch ambivalent angedockt. Und zwar an etwas, das um ein Vielfaches größer, träger, mächtiger ist als Du. An etwas, das sich so klar überblicken lässt wie ein Containerschiff von einem Schlauchboot aus. Allein gewinnst du da nicht den erforderlichen Abstand zum Geschehen. Es braucht einen Berater*innen-Staff, eine Steuergruppe mit der Leitung und eine Intervision für den Staff. Wer sich für eine Organisationsberatung nicht von Anfang an möglichst viel Sicherheit durch gemeinsame Resonanz- und Reflexionsräume mit Anderen verschafft, ist entweder naiv oder größenwahnsinnig.
Empfehlungen:
- Im Staff sollten unterschiedliche Verfahren (Systemik, Realkonstruktivismus, Gruppendynamik, Gestalt, Psychoanalyse etc.) vertreten sein, um eine möglichst breite Hypothesen-Basis zu schaffen.
- Ein divers gemischter Staff ist ein besserer Staff. Frauen und Männer blicken unterschiedlich auf Situationen. Menschen mit Migrationshintergründen, Neurodiverse z. B. wieder anders…
- Im Staff sollten die thematischen Grenzen breit sein. Was im Staff nicht besprechbar ist, kann mit dem Klientensystem nicht reflektiert und gestaltet werden. Das erfordert Vertrauen in der Gruppe der Berater*innen. Sie müssen einander kennen(lernen).
- der Staff sollte auf Spiegelphänomene gefasst sein. Wenn der Staff beginnt, selbst die Organisationskultur der beratenen Gruppen zu leben, wird es erst richtig interessant. Das kann sich beispielsweise an deren Leistungsdruck, Verzweiflung, Minderwertigkeitsgefühl, Konkurrenz, deren unverbindlichem Umgang mit Verabredungen etc. zeigen. Dann kann das Berater*innen-System fühlen, denken und handeln wie die Klient*innen. Vorübergehend deren Konflikte agieren. Mehr oder weniger leidenschaftlich ihre Ängste und Hoffnungen teilen. Und sich durch gemeinsame Reflexion wieder davon lösen. Und neue Hypothesen gewinnen… So wird das was!👌
Gruppendynamiker*innen sagen, Systeme beraten Systeme. Deshalb arbeiten gruppendynamische Organisationsberater*innen nie allein (okay: seltenst und sehr sehr ungern…) und im Klientensystem fast nur mit Gruppen.
Einige Lehren aus der Praxis gruppendynamischer Organisationsberatung.
1. WIR ARBEITEN NIE ALLEIN
Organisationsdynamik nimmt dich mit. Der Kontakt mit der Organisationsdynamik ist deine diagnostische Chance als Berater*in und eine Verführung zur Unwirksamkeit, wenn dich das System „frisst“. Es ist nicht möglich, eine Organisation oder auch nur ihre Leitung zu beraten, ohne sich in die Kommunikationsformen (deren Logik lernt man empfehlenswerter Weise bei Gitta Peyn) und Beziehungsdynamiken der Organisationsteile wenigstens ansatzweise zu verstricken, mit denen man zu tun kriegt. In der Regel beginnt das schon in der Anbahnung und der Kontraktphase. Sobald das System zu ahnen beginnt, dass eine Veränderung geplant ist, bist du als beratender Mensch emotional und kommunikativ hoch ambivalent angedockt. Und zwar an etwas, das um ein Vielfaches größer, träger, mächtiger ist als Du. An etwas, das sich so klar überblicken lässt wie ein Containerschiff von einem Schlauchboot aus. Allein gewinnst du da nicht den erforderlichen Abstand zum Geschehen. Es braucht einen Berater*innen-Staff, eine Steuergruppe mit der Leitung und eine Intervision für den Staff. Wer sich für eine Organisationsberatung nicht von Anfang an möglichst viel Sicherheit durch gemeinsame Resonanz- und Reflexionsräume mit Anderen verschafft, ist entweder naiv oder größenwahnsinnig.
Empfehlungen:
- Im Staff sollten unterschiedliche Verfahren (Systemik, Realkonstruktivismus, Gruppendynamik, Gestalt, Psychoanalyse etc.) vertreten sein, um eine möglichst breite Hypothesen-Basis zu schaffen.
- Ein divers gemischter Staff ist ein besserer Staff. Frauen und Männer blicken unterschiedlich auf Situationen. Menschen mit Migrationshintergründen, Neurodiverse z. B. wieder anders…
- Im Staff sollten die thematischen Grenzen breit sein. Was im Staff nicht besprechbar ist, kann mit dem Klientensystem nicht reflektiert und gestaltet werden. Das erfordert Vertrauen in der Gruppe der Berater*innen. Sie müssen einander kennen(lernen).
- der Staff sollte auf Spiegelphänomene gefasst sein. Wenn der Staff beginnt, selbst die Organisationskultur der beratenen Gruppen zu leben, wird es erst richtig interessant. Das kann sich beispielsweise an deren Leistungsdruck, Verzweiflung, Minderwertigkeitsgefühl, Konkurrenz, deren unverbindlichem Umgang mit Verabredungen etc. zeigen. Dann kann das Berater*innen-System fühlen, denken und handeln wie die Klient*innen. Vorübergehend deren Konflikte agieren. Mehr oder weniger leidenschaftlich ihre Ängste und Hoffnungen teilen. Und sich durch gemeinsame Reflexion wieder davon lösen. Und neue Hypothesen gewinnen… So wird das was!👌
Gruppendynamiker*innen sagen, Systeme beraten Systeme. Deshalb arbeiten gruppendynamische Organisationsberater*innen nie allein (okay: seltenst und sehr sehr ungern…) und im Klientensystem fast nur mit Gruppen.
Im erweiterten Vorstand der DGGO
31/01/23 09:08
Die DGGO ist Deutschlands Fachverband für die Themen Gruppendynamik und Organisationsdynamik. Beide liegen mir am Herzen. Deshalb engagiere ich mich im Verein im erweiterten Vorstand als Leiter der Ausbildungskonferenz. Mein Kollege Robert André teilt sich den Job mit mir. Das heisst für Sie: wenn Sie sich für die Weiterbildung zum Trainer, zur Trainerin oder für von der DGGO zertifizierte Kurse zum/r "gruppendynamischen Leiter:in und Berater:in" interessieren, kommen Sie mit Ihren Fragen auf uns zu. Die DGGO veranstaltet auch regelmäßig öffentliche Fachtagungen und Organisationswerkstätten, die ein perfekter Ort sind, sich mit Gruppendynamiker:innen zu vernetzen und gemeinsam zu lernen.
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