GRUPPE SYSTEMISCH – GRUPPENDYNAMISCH 1/2
16/12/23 20:33
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Das Grüppchen der Gruppendynamiker:innen verhält sich in D zur Community der Systemiker:innen wie dieses gallische Dorf zum römischen Reich. Ich kann nicht davon ausgehen, dass der Zaubertrank unserer Arbeit weiteren Kreisen bekannt ist. Dabei ist er lecker. Es wird deshalb nicht schaden, den Begriff der „Gruppe“, wie er hier und dort verwendet wird, kurz zu erläutern.
GRUPPE SYSTEMISCH – GRUPPENDYNAMISCH 1/2
Für den systemtheoretischen Soziologen Stefan Kühl ist die Gruppe ein Typus sozialer Systeme mit „personenorientierter Kommunikation“ und - in Cliquen - „informaler Erwartungsbildung“. D. h. anders als in der Arbeit, kann man sich in Gruppen ohne anzuecken sehr persönlich, privat anquatschen. Formale Erwartungen (Formale Rollen, Leistungsstandards, Stellenbeschreibung z. B.) sind unnötig. Deshalb ist für ihn die Gruppe ein seltenes, eher parasitäres Phänomen in Organisationen. Kühls Gruppenverständnis ist klassifikatorisch. Historisch ist es wohl plausibel, dass Gruppen überhaupt erst zu einem eigenen Phänomenbereich werden, wenn ihnen moderne Organisationen gegenüberstehen. Mit Vergesellschaftung hat sein Gruppenbegriff deshalb auch nichts zu tun. Er sagt, für dieses Thema habe sich die Rede von Gruppen in der Forschung nicht bewährt.
Für Kurt Lewin und seine Wirkungsgeschichte (also von den Vierzigern bis zu - soweit ich weiß - Heinrich Popitz 2002) ist die Gruppe noch die Urform der Vergesellschaftung, eine menschheitlich universale Funktionsweise des Zusammenlebens. Sie hat kategorialen Status, d. h. wo auch immer Menschen Gesellschaften bilden, ist ihr Zusammenleben „gruppig“. Wir werden nicht solo in die Gesellschaft hinein geboren, wir wachsen in Gruppen auf. Die erste Bezugsgruppe ist in unserem Kulturkreis zumeist die Familie, andere kommen hinzu. Bestimmte Aspekte, wie diese Sozialisation funktioniert, versteht Lewin als universal: z. B. die Ausbildung von Normen, Einstellungen, Valenzen. Aber auch die Ausbildung von Grenzen und einer Gruppenkultur (autoritär, demokratisch, laissez faire…). In diesem Prozess ist „personenbezogene Kommunikation“ im Sinne Kühls nur ein Teilbereich. Das Ganze läuft „naturwüchsig“ ab, mit geringsten Anforderungen an Reflexivität und persönlicher Bezugnahme, in der Regel über Sanktionen bei Normverstößen. Das gesellschaftliche NEIN wirkt formal wie informal zwingend. Übermittelt wird es von Geburt an in Gruppen und ihrer Beziehungsdynamik. „Früh wird gekrümmt, was ein Häkchen werden soll.“ (E. Bloch) Kühls klassifikatorischer Gruppenbegriff ist hier viel enger als der Lewinsche. Kühl sagt: ob es eine Gruppe ist, erkenne ich an diesen und jenen Merkmalen. Lewin sagt: in jedem Interaktionssystem erkenne ich Gruppendynamik und blicke in den Maschinenraum der Gesellschaft. Ich teile in seinen Grundzügen den Lewinschen Begriff. Was das aus meiner Sicht für Organisationen bedeutet, skizziere ich im nächsten Beitrag.
Das Grüppchen der Gruppendynamiker:innen verhält sich in D zur Community der Systemiker:innen wie dieses gallische Dorf zum römischen Reich. Ich kann nicht davon ausgehen, dass der Zaubertrank unserer Arbeit weiteren Kreisen bekannt ist. Dabei ist er lecker. Es wird deshalb nicht schaden, den Begriff der „Gruppe“, wie er hier und dort verwendet wird, kurz zu erläutern.
GRUPPE SYSTEMISCH – GRUPPENDYNAMISCH 1/2
Für den systemtheoretischen Soziologen Stefan Kühl ist die Gruppe ein Typus sozialer Systeme mit „personenorientierter Kommunikation“ und - in Cliquen - „informaler Erwartungsbildung“. D. h. anders als in der Arbeit, kann man sich in Gruppen ohne anzuecken sehr persönlich, privat anquatschen. Formale Erwartungen (Formale Rollen, Leistungsstandards, Stellenbeschreibung z. B.) sind unnötig. Deshalb ist für ihn die Gruppe ein seltenes, eher parasitäres Phänomen in Organisationen. Kühls Gruppenverständnis ist klassifikatorisch. Historisch ist es wohl plausibel, dass Gruppen überhaupt erst zu einem eigenen Phänomenbereich werden, wenn ihnen moderne Organisationen gegenüberstehen. Mit Vergesellschaftung hat sein Gruppenbegriff deshalb auch nichts zu tun. Er sagt, für dieses Thema habe sich die Rede von Gruppen in der Forschung nicht bewährt.
Für Kurt Lewin und seine Wirkungsgeschichte (also von den Vierzigern bis zu - soweit ich weiß - Heinrich Popitz 2002) ist die Gruppe noch die Urform der Vergesellschaftung, eine menschheitlich universale Funktionsweise des Zusammenlebens. Sie hat kategorialen Status, d. h. wo auch immer Menschen Gesellschaften bilden, ist ihr Zusammenleben „gruppig“. Wir werden nicht solo in die Gesellschaft hinein geboren, wir wachsen in Gruppen auf. Die erste Bezugsgruppe ist in unserem Kulturkreis zumeist die Familie, andere kommen hinzu. Bestimmte Aspekte, wie diese Sozialisation funktioniert, versteht Lewin als universal: z. B. die Ausbildung von Normen, Einstellungen, Valenzen. Aber auch die Ausbildung von Grenzen und einer Gruppenkultur (autoritär, demokratisch, laissez faire…). In diesem Prozess ist „personenbezogene Kommunikation“ im Sinne Kühls nur ein Teilbereich. Das Ganze läuft „naturwüchsig“ ab, mit geringsten Anforderungen an Reflexivität und persönlicher Bezugnahme, in der Regel über Sanktionen bei Normverstößen. Das gesellschaftliche NEIN wirkt formal wie informal zwingend. Übermittelt wird es von Geburt an in Gruppen und ihrer Beziehungsdynamik. „Früh wird gekrümmt, was ein Häkchen werden soll.“ (E. Bloch) Kühls klassifikatorischer Gruppenbegriff ist hier viel enger als der Lewinsche. Kühl sagt: ob es eine Gruppe ist, erkenne ich an diesen und jenen Merkmalen. Lewin sagt: in jedem Interaktionssystem erkenne ich Gruppendynamik und blicke in den Maschinenraum der Gesellschaft. Ich teile in seinen Grundzügen den Lewinschen Begriff. Was das aus meiner Sicht für Organisationen bedeutet, skizziere ich im nächsten Beitrag.
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